Bericht zum „alternativen“ Stadtrundgang in Bruchsal am 30.4.2015

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Am 30.4.2015  machte die Klasse SG J1/3 dank ihres Geschichtslehrers Herrn Morlock eine Stadtführung in Bruchsal. Das Thema der Stadtführung lautete „Bruchsal im Dritten Reich“. Begrüßt wurden wir an der Käthe-Kollwitz-Schule von Rüdiger Czolk von der Friedensinitiative Bruchsal. Herr Czolk wollte uns an diesem Tag die bedeutendsten Plätze in Bruchsal  zeigen, die in der NS-Zeit eine wichtige Rolle spielten. Unser Stadtrundgang begann vor unserer Schule. Dabei erfuhren wir, dass viele Straßen, Plätze und auch Schulen in Bruchsal Anfang Februar 1935 unbenannt wurden. Zum Beispiel wurde die Söternstraße zur Herbert-Norkus-Straße (nach einem ermordeten HJ-Jungen) umbenannt.  Aber nicht nur hier ereigneten sich zu dieser Zeit unfassbare Dinge, sondern auch das Schloss, das Damianstor und die Hofkirche waren Schauplätze in der NS-Zeit. Im Schloss fand 1933 die Reichstagseröffnung statt. Auf dem Vorplatz des Schlosses, am Schlosswachthaus, wurde die Bücherverbrennung durchgeführt. Auf dem Dachboden der Hofkirche traf sich heimlich die längst verbotene Jugendgruppe Neudeutschland. Ein wichtiger Mann gegen die Nationalsozialisten zur damaligen Zeit war auch der Sozialdemokrat Ludwig Marum, dem heute ein Denkmal beim Schloss gewidmet ist. Um zu demonstrieren, was mit politischen Gegnern passiert, wurde er damals unter den Augen vieler Zuschauer  vom Bahnhof mit dem Zug nach Bad Schönborn ins Konzentrationslager Kislau gebracht  und dort  1934 erhängt.   In der Öffentlichkeit wurde der Mord an ihm aber als Selbstmord dargestellt. Weiter ging unsere Führung zur Huttenstraße, in der wir das Gebäude betrachten konnten, in dem früher die erste jüdische Synagoge in Bruchsal war. Später wurde diese zu klein und es wurde eine große Synagoge in der heutigen Friedrichstraße errichtet.  In der Huttenstraße waren früher auch viele jüdische Geschäfte, die in der Reichspogromnacht überfallen und ausgeraubt wurden. Außerdem grenzte die Huttenstraße an die Seilersbahn, die bis zum ehemaligen Kübelmarkt reichte, das Areal des heutigen Bürgerparks, das früher ein Militärgefängnis war. In diesem wurden Soldaten inhaftiert und zu Zwangsarbeit genötigt. Im Bürgerpark stehen heute  zwei Denkmäler. Das eine Denkmal erinnert an die NS-Opfer im Dritten Reich und das andere an die  Hinrichtungsstätte, eine Außenstelle des Zuchthauses, an der 55 Menschen, darunter auch Jugendliche, hingerichtet wurden. Vom Bürgerpark ging unsere Führung weiter zum ehemaligen Kübelmarkt, dem heutigen Otto-Oppenheimer-Platz (seit 2011). Zur Zeit des Nationalsozialismus war dies der Adolf-Hitler-Platz mit dem Wahllokal „Einhorn“ der NSDAP. Außerdem erfuhren wir, dass Bruchsal eine Fliegerhitlerjugend  (traf sich im Keller der Druckerei Biedermann) und eine Marinehitlerjugend hatte, die am Bärensee trainierte. Die NSDAP machte nicht nur Terror gegen Juden, sondern auch gegen die katholische Kirche. 1942 wurden die Glocken der Peterskirche für Kriegsgeräte eingeschmolzen. Auch der ehemalige katholische Pfarrer Franz Schmitt von der Hofkirche wurde verhaftet, da er verdächtigt wurde, der Jugendgruppe Neudeutschland geholfen zu haben. Vom Marktplatz ging unsere Führung weiter bis zur Friedrichstraße. Dort hängt am Feuerwehrhaus eine Gedenktafel von Schülern des  St. Paulusheim Gymnasiums, die an die frühere Bruchsaler Synagoge erinnert, welche  in der Reichspogromnacht fast vollständig niedergebrannt wurde.
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Als wir durch die Kaiserstraße liefen, erfuhren wir, dass dort früher sehr viele jüdische Geschäfte waren. Auch das heutige Einkaufshaus Jost war früher ein jüdisches Kaufhaus namens Knopf. Die letzte Station unseres Rundgangs führte uns in die Wilderichstraße. Hier zeigte uns Herr Czolk sogenannte „Stolpersteine“, die in vielen europäischen Städten ein Denkmal für ermordete jüdische Menschen darstellen. Die Stolpersteine in Bruchsal gibt es erst seit diesem Jahr (19.April 2015). Unter anderem erinnern sie an die jüdische Familie Dreifuß, die durch dramatische Ereignisse von einander getrennt wurde. Zum Schluss gingen wir zu unserem Ausgangspunkt zurück und bedankten uns bei Herrn Czolk, der uns eine gute und informative Führung geboten hatte.

Sicherlich geht von nun an der ein oder andere von uns mit anderen Augen durch Bruchsal und kann viele Denkmäler und Gebäude besser und anders wahrnehmen und verstehen. Eins haben wir ganz klar gelernt: Wir dürfen die Zeit unserer Vorfahren nie vergessen, damit sich die schrecklichen Ereignisse von damals nicht wiederholen. Ein Fünftel der damaligen jüdischen Bevölkerung wurde sinnlos ermordet! Dies sollte uns ein Mahnmal sein, dass wir unseren Mitmenschen nicht fremdenfeindlich begegnen.

Zum Schluss wollen wir uns auch nochmals herzlich bei Herrn Morlock bedanken, der diese Führung erst möglich gemacht hat. Dadurch wurde unser geschichtliches Theoriewissen lebendig, denn die Spuren der Vergangenheit sind für uns heute noch sichtbar. 
Alessa Däschner SGJ1/3, Bilder: Lisa Geiger

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